Missing Matter 1
|
TransArchitectures
03 Exposition
Missing
Matter
(Maurice
Benayoun Juillet 98 - 2 x 1,20m x 2,50m)
Galerie AEDES Berlin
3-17 août 1998
Centre de design
de l'UQAM , Montréal août- 27 août-18 oct. 1998
DEAF
Rotterdam 17 - 29 nov 1998
Reaktive Architekturen der Kommunikation
(text)
Reaktive Architekturen der Kommunikation
Maurice Benayoun (Paris, Juli 1998)
Das Virtuelle ist das Reale, das sich noch nicht verwirklicht hat. Ein
Nicht-Raum und Nicht-Stoff. Es erhält seine Form indem es sich
aktualisiert.
Die Architektur des Virtuellen ist sowohl die Architektur der Information
als auch Architektur der Kommunikation.
Ihr Stoff besteht aus Sinn und
Austausch.
Sie ist auch eine Situationsarchitektur.
Konfrontation des Menschen mit einem Raum, der ihn auf die Probe stellt.
Probe und Dialog.
Das Erkunden ist ein Befragen.
Der Besuch eines Raumes, welcher Nicht-Antworten gibt. Ein Weg ist
eine Lektüre.
Der scheinbare Text schreibt sich Stück für Stück im
Laufe seiner Entdeckung.
Der Infratext ist die Gesamtheit der Regeln, die die Welt beherrschen.
Gerade ihn muß man jenseits der Bilder lesen und erleben.
Und gerade er offenbart sich im Auftauchen von Ereignissen. Das Szenario,
Entwicklung in der Zeit der Raumgestaltung, verkettet die Ereignisse in
einer aus unseren Entdeckungsstrategien hervorgegangenen Form und Reihenfolge.
Der Raum des Films ist unterbrochen linear (der Schnitt), das Szenario
eines „Besuchs“ im Virtuellen ist individuell linear.
Die Linearität stellt sich nicht gegen das Chaos oder das Zufällige.
Sie ist der Ausdruck unserer Zeiterfahrung des Raums.
Der Hauptgegensatz liegt zwischen dem vor-geschriebenen Linearen und
dem persönliche Linearen, welches das Virtuelle mit dem Realen gemein
hat.
Das Reale lehrt uns die Reaktionsfähigkeit eines Universums, das
unsere Präsenz wahrnimmt Die Architektur des Virtuellen
ist kein Schutz
vor einem feindlichen Äußeren, keine vor-strukturierte Organisation
des
zu lebenden Raums, sie kleidet unser Dasein mit Sinn. Sie läßt
sie uns
am Diskurs teilhaben, für dessen Erklärung sie den Besucher
zur
Voraussetzung macht. Sich in diesen Welten zu bewegen, bedeutet zu
handeln, handeln heißt bauen, bauen ist offenbaren. Diese Architektur
maskiert, um besser zu enthüllen. Wenn sich nichts a priori anbietet,
sich nicht ohne Anstrengung zu Gesicht gibt, dann deshalb, weil sie das
Obszöne einer erzwungenen Zur-Schau-Stellung vor dem meidet, der
nicht danach gefragt hat. Sie hat also Teil an der Freude des
Entdeckens.
Eine virtuelle Welt ist kein Trugbild der Architektur. Es sind vielmehr
der
vom Computer ermöglichte „Realismus“ und die Automatisierung der
Perspektive, welche uns anlocken und ködern. Sie ist auch keine
Verbildlichung der Information. Es ist ihre Inszenierung als Schauspieler
eines Austausches, dessen Gegenüber der Besucher ist. Der Architekt
des Virtuellen gibt das Schwerfällige auf, die Widerstände,
er braucht
sich nicht um die Kreisläufe zu kümmern, welche die Hindernisse
für
Blick und Körper vervielfachen. Er gibt sie zu lesen und stiftet
durch
seine Andersartigkeit Verwirrung. Die ausgehölte Distanz zwischen
dem Materiellen und seiner Vermeidung. Eine interaktive Welt stellt sich
gegen die (Inter-)Passivität des Erfühlbaren. Anstatt den
Menschen im
vom Realen befreiten Imaginären einzuschließen, bietet sie
ihm eine
zusätzliche Ebene des Realismus an, ein fiktives Universum, das,
wie in
seiner Erfahrung des Realen, durch seine offenkundige Gegenwart
verändert wird. Diese „virtuelle Fiktion“ – weit mehr als „virtuelle
Realität“ – läßt sich von der Wandlungs-, Anpassungs- und
Reaktionsfähigkeit des Realen beeinflussen. Der Infra- oder Tiefen-Realismus
beutet die Schöpfungs- und Reaktionsfähigkeit des Realen aus,
um sie mit Sinn zu beladen. Eine orientierte Welt unterscheidet sich in
ihrer Absicht von der realen Welt dadurch, daß sie einen Sinn hat.
Und darin ist sie menschlicher...Das ist auch ihre Grenze.
Aus dem Französischen von Judith Yacar und René
Gyurcsik
|
Missing Matter 2 |